Oswald Oelz
"Typisch Bulle", wie
Oswald Oelz von seinen Freunden auch genannt wird, bringt der
Innsbrucker Expeditionsleiter der legendären Everest-Expedition 1978
Wolfgang Nairz den Buchtitel auf den Punkt. Und ebenso kreativ und
tiefsinnig wie der Titel ist auch das brillante Buch, das von Oelzismen
nur so sprüht.
Bergsteigen in vielen Formen ist für Oswald Oelz
die ideale komplementäre Lebensform zur heutigen virtuellen und
plastifizierten Welt. Beim Bergsteigen kehren wir in jene Welt zurück,
in der sich unsere Evolution vollzogen hat: Lebenswichtig ist ein
geschützter Biwakplatz, ein Kocher zum Schmelzen von Schnee, Kartoffeln,
etwas Parmesan und scharfe Steigeisenwaffen. Der Aufbruch in die
Wildnis birgt eine gewaltige regenerative Potenz. Beim Klettern in
unbekanntes Gelände werden Mobbing, das Finanzamt und die PS des eigenen
Autos belanglos. Die Batterien laden sich beim Gehen für
Herausforderungen in den Stadtschluchten auf. So beabsichtigt der Autor
auch nicht, demnächst zu sterben, wie der Titel vermuten ließe, sondern
hat "Projekte für noch mindestens 200 Jahre."
Streifschüsse wie Felsbrocken, Eislawinen, Lungenödeme und ausbrechende Haken machen das herrliche Leben nur noch bewusster. "Das Geheimnis des fruchtbaren Lebens heißt gefährlich leben, darum: baut eure Häuser an den Vesuv",
meinte Nietzsche. Bergsteigen ist eine wunderbare Alternative.
Bergsteigen, um intensiv zu leben, nicht aber, um zu sterben. Dennoch
ist dieses Leben immer gefährdet. Mehr als zwei Dutzend Freunde und
Seilgefährten des Autors, an welche er im Kapitel "Abschied von Freunden" erinnert, sind aus den Bergen schon ins unbekannte Land vorausgegangen.
Das
Buch ist durch seine ebenso lebhaften wie pointierten Texte und den
überaus zahlreichen Fotos (fast jede Seite ist bebildert!) ein
empfehlenswertes Lese- und Schmökerwerk. Der alpinistische Bogen, der
sich von exklusiven Klettertouren in den Alpen und den Expeditionen auf
die Seven Summits über Trekkings in Asien bis hin zu den
Kletterabenteuern im Mittleren Osten oder auf schönen Inseln spannt,
zeigt auch die Interessensvielfalt und Weltoffenheit des Autors. Sein
Plädoyer ist dabei klar und eindeutig. Die Botschaften vom Jabal Misht,
Cholatse, Heiligkreuzkofel und Triemlispital sind einfach: Leben wir
dieses großartige Leben, solange wir nur ahnen, dass es irgendwann endet
und nicht erst, wenn die letzte Woche angebrochen ist.
Oswald
Oelz, geboren 1943 in Vorarlberg, hat sich seit den Siebzigerjahren als
Chefarzt, Bergsteiger, Expeditionsarzt und Höhenmediziner einen Namen
gemacht. Anspruchsvolle Gipfel und schwierige Routen weltweit stehen in
seinem Tourenbuch. Er war der dritte Bergsteiger auf den Seven Summits,
die er lange vor dem globalen Bergreiseboom der Gegenwart besteigen
konnte. Seine andere Leidenschaft ist die Innere Medizin, die er seit
2006 als Privatmann von seinem Kleinbauernhof am Bachtel aus beobachtet.
Dort schreibt er seine Texte über Bergsteigen, Medizin und Allerlei.
Oswald Oelz
Orte, die ich lebte bevor ich starb
Oswald Oelz 240 Seiten
325 Abb. vierfarbig
21 x 27 cm
ISBN 3-909111-82-4
CHF 58.00
€ (D) 36.50
€ (A) 37.50